nur noch ein Stück
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Mont Ventoux

Schon lange hatte ich ich den Wunsch, einmal den Mont Ventoux mit dem Fahrrad zu bezwingen. Bereits die letzten Jahre, während der Frankreich-Urlaube, wurde der Wunsch konkreter. Aber bislang nie hatte ich ihn in die Tat umgesetzt. Zu hoher Aufwand, zu lange Anfahrt.

Anders dann dieses Jahr. Schon vor dem Urlaub wurde der Plan konkreter. Genaueres Studium diverser Berichte. Von wo starten, was ist die beste Auffahrt, auf was ist zu achten? Vorbereitung des Rades, Austausch der wichtigsten Komponenten.
Final hat dann die Etappe der Tour de France dieses Jahr, die auf dem Mont Ventoux geendet hat, den Ausschlag zur Entschieidung gegeben. Dieses Jahr musste es also sein.

Aber um auf die oben gestellte Frage zurückzukommen: von wo auffahren? Es gibt 3 Auffahrten: von Sault, von Maulaucène und von Bédoin. Alle Auffahrten auch auf Quaeldich.de gut beschrieben: https://www.quaeldich.de/paesse/mont-ventoux/
Ich habe die Auffahrt über die Südrampe von Bédoin aus gewählt. Diese ist es, die bei der diesjährigen Tour de France gewählt wurde, diese ist es, die in den meisten Berichten als Startpunkt vorkommt. Und Bédoin ist ganz auf Radfahren und den Mont Ventoux ausgerichtet. Radläden, Fahrradcafés und weiteres. Mit dem Klassiker unter den Cafés, „Le Flandrien“, gelegen an der Markierung zu „Kilometer Null“. Ein idealer Startort daher.

Also auf einen Tag mit gutem Wetter (und ohne Wind) gewartet. Morgens haben wir dann die lange Anfahrt mit dem Auto (200km!) auf uns genommen. Wir haben einen Parkplatz am Ortsausgang gewählt.
Kurz umgezogen, mit einem Radler, der gerade von oben runter kam, kurz über das Wetter oben abgestimmt, den Reifendruck geprüft und schon ging es los. Etwas zurück in den Ort zur Kilometer-Null-Linie. Ich bin nervös vor dem Beginn der Auffahrt. Meine Frau hat mich glücklicherweise begleitet und wird sich die Zeit im Ort vertreiben.

Schon am Start in Bédoin, es ist mittlerweile schon Mittagszeit, treibt die Motivation den Puls nach oben. Der erste Abschnitt ist schnell, kraftvoll und man schwelgt in Vorfreude. Es läuft. Man sieht links den Berg und den Gipfel. Da will ich hoch? Ernsthaft?
Ich bin motiviert und überhole einige Radler. Warum nur fahren die so langsam? Die Antwort kam später.

Hinter Saint-Estève, nach ca. 5-6 Kilometern, wird der Anstieg dann aber brutal – das berühmte Nadelwaldstück beginnt und mit ihm die physische und mentale Herausforderung. Die Steigung schnellt auf über 9% hoch, Kilometer um Kilometer ohne flachere Abschnitte zum Verschnaufen. Die Geschwindigkeit sinkt, der Puls bleibt oben – jede Pedalumdrehung fühlt sich schwerer an. Immer mal wieder halte ich kurz an, um den Puls zu beruhigen und etwas zu trinken. Es ist heiß. Die Mücken nerven.
Es heißt, wer zu schnell startet, zahlt wohl spätestens hier den Preis. Und das stimmt. Jetzt holen mich auch die die am Anfang überholten Radler ein. Meine Frage von vorher ist beantwortet. Trotzdem kämpfe ich mich durch das lange Waldstück hoch bis zum Chalet Reynard. Dort dann endlich ein kurzes, flacheres Teilstück.

Aber die schattenspendenden Bäume verschwinden, Wind und Sonne übernehmen die Bühne. Jetzt ist der Blick auf den Gipfel frei und er wird mich die letzten 6 Kilometer begleiten. Die berühmte Mondlandschaft des Mont Ventoux strahlt mir in der Sonne entgegen. Noch sechs Kilometer, die aber wie eine Ewigkeit wirken. Die Sonne brennt unerbitterlich, aber zum Glück weht nur eine kleine Brise. Will mir nicht vorstellen, wie das hier mit stärkerem Wind wäre.
Doch immer wieder motivieren die weißen Kalksteine und der leuchtende Gipfelturm.
Alleine ist man hier nicht. Viele Radfahrer und auch Wanderer strömen dem Gipfel entgegen. Ich kann mich für ein paar Kilometer einer Gruppe Radler anschließen. Der Gipfel kommt Stück für Stück näher.

Am Gedenkstein für Tom Simpson halte ich kurz und lasse ein Foto von mir machen, bevor es dann in die letzten Meter zum Gipfel geht. Vorbei an einem Profi-Sportfotografen, der Bilder der vorbeifahrenden Radler schießt. Ich werde eines der Bilder später kaufen.

Dann noch eine letzte Kraftanstrengung und nach der harten letzten Rampe ist das Ziel geschafft ist: 1.910 Meter – der Riese der Provence. Ich habe ihn geschafft. In unter 2 Stunden Fahrzeit! 1:57 zeigt der Tacho. Hätte ich nach dem Kampf im Waldstück nicht mehr erwartet.
Oben auf dem Plateau pfeift der Wind. Schnell die Weste angezogen, um nicht in den verschwitzten Klamotten zu frieren.
Es wimmelt vor Radlern. Ich stelle mich in die Schlange, um ein Gipfelbild vor dem Passschild zu bekommen.


Nach kurzer Pause und mit bereits einigermaßen getrockneten Klamotten starte ich die Abfahrt. Anfangs oben noch etwas langsamer, wegen der Windböen. Jetzt kann ich die Aussicht auch viel besser genießen. Beeindruckendes Panorama.
Im Wald und ohne Seitenwind lasse ich es dann laufen. Nach 29 Minuten sind die 21 Kilometer abgefahren und ich rolle zufrieden wieder in Bédoin ein. Meine Frau erwartet mich bereits an der Kilometer-Null-Linie.

Gleich hinein ins Café „Le Flandrien“ und einen Kaffee zum Abschluss. Nach dem Umziehen zurück am Auto ging es noch für eine kleine Runde mit normalen Klamotten in den Ort. Ein Mont-Ventoux-Trikot als Souvenir nehme ich mir mit.

Trotz der dann 4 Stunden im Auto (hin- und Rückfahrt) war es ein toller Tag. Ein super Erlebnis und ein „Must-have“ in einem Radlerleben. Muss man erlebt haben.


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